Weiterer Teilerfolg beim Routerzwang

Die Free Software Foundation Europe und alle Freunde Freier Software, Verbraucherrechte und freien Wettbewerbs können sich seit einigen Tagen über einen weiteren Erfolg beim Thema Routerzwang freuen. Nachdem das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) das Thema Routerzwang in die eigenen Hände genommen hatte und einen Gesetzentwurf (TK-Endgerätegesetz) verfasst hat, der größtenteils unseren Vorstellungen entspricht, wurde dieser Entwurf der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten für Kommentare und Änderungswünsche vorgelegt. Dabei wurde nach Ablauf der sogenannten Stillhaltefrist ausschließlich eine formelle Unklarheit bemängelt und der Gesetzestext im Inhalt gebilligt.

Eigene Router in Bedrängnis – hoffentlich nicht mehr lange. Scott Beale, CC BY-NC 2.0

Eigene Router in Bedrängnis – hoffentlich nicht mehr lange. Scott Beale, CC BY-NC 2.0

Kurzinfo: Was ist Routerzwang?

In unserer Gesellschaft sollte es selbstverständlich sein, sich für technische Geräte frei entscheiden zu können, die man in seinem Zuhause in Betrieb nehmen möchte, genauso wie wir entscheiden können, welches Mobiltelefon wir kaufen. Doch einige Internetanbieter widersprechen diesem Prinzip und schreiben ihren Kunden vor, welches Gerät sie zur Einwahl in das Internet nutzen müssen oder diskriminieren Besitzer alternativer Geräte. Diese Verletzung eigentlich selbstverständlicher Rechte wird Routerzwang genannt und wird von der Free Software Foundation Europe und vielen anderen Organisationen, Projekten und Individuen stark kritisiert. Routerzwang ist nicht nur ein Thema für Technikexperten, sondern betrifft uns alle.

Routerzwang beschäftigt die FSFE seit dem Januar 2013, die öffentlich in vielen Anhörungen und im Hintergrund Stellung bezogen hat. Mehr Informationen über das Thema auf unserer ausführlichen Übersichtsseite.

Passend zum Ende dieser Phase hat der Journalist Jan Rähm für den Deutschlandfunk einen Beitrag gesendet, der das Thema sehr differenziert betrachtet, den aktuellen Stand darlegt und sowohl Gegner als auch Befürworter des Routerzwangs zu Wort kommen lässt. Der Beitrag ist als verkürzte Textversion und in der vollen Audioversion (5:48) auf der Webseite des Deutschlandfunks zu finden. So sagt etwa der Pressesprecher von Tele Columbus, einer der wenigen Befürworter des Routerzwangs:

Im Kabelnetz von Tele Columbus besteht de facto schon heute Routerwahlfreiheit, denn wir stellen dem Kunden, wenn er nicht ausdrücklich einen Router von uns wünscht, ein einfaches Kabelmodem zur Verfügung, an das er jedes beliebige Endgerät mit der Funktionalität seiner Wahl anschließen kann.

Doch die Position der FSFE, diverser Unternehmen aus der TK-Endgeräte-Industrie, Verbraucherschutz- und Bürgerrechtsorganisationen sowie engagierter Individuen lautet seit jeher, dass das Netz und die Wahlfreiheit des Benutzers an der Dose in der Wand beginnt. Zu dieser Einsicht ist man auch im Bundeswirtschaftsministerium gelangt und hat deswegen größtenteils unmissverständlich festgelegt, dass – egal ob DSL- oder Kabelanschluss – die Kunden in Zukunft ihre Endgeräte, also Modems und Router, selbst auswählen dürfen. Für uns als FSFE ist dieser Schritt die einzig logische Konsequenz, weil dadurch alle Verbraucher laut Gesetz ein Modem- und Routermodell ihrer Wahl einsetzen können, ohne diskriminiert zu werden" (höre auch Zitat ab 1:55).

Auch Argumente, dass die freie Routerwahl die Stabilität von Kabelnetzen gefährden würde, sehen wir Ablenkunsmanöver. So ist es etwa in den USA ohne weiteres unter ähnlichen Bedingungen wie in Deutschland möglich, ein Kabelmodem seiner Wahl zu betreiben. Von den heraufbeschworenen Netzausfällen und Störungen haben weder wir noch Verbände der Endgeräteindustrie gehört.

Wie es weiter geht

Nachdem die Stillhaltefrist und damit der Zeitraum für mögliche Kommentierungen von EU-Ebene vorrüber ist, geht das Gesetz wieder zurück an das BMWi. Dieses wird voraussichtlich die formellen Änderungswünsche der Kommission umsetzen, woraufhin sich das Bundeskabinett mit dem Gesetz befasst. Wie uns mitgeteilt wurde, ist der darauf folgende parlamentarische Prozess für Herbst diesen Jahres vorgesehen.

Doch wie schon im Titel angedeutet, ist der bisher erlangte Erfolg zwar ein Grund zur Freude, aber nicht zur Unachtsamkeit, da nur eine weitere Etappe genommen wurde. Vor allem die Netzbetreiber und -provider haben sich bisher als große Gegner einer freien und fairen Endgerätewahl positioniert und rücken noch immer nicht von bereits mehrfach widerlegten Argumenten ab. Wir als FSFE stellen uns daher auf ein paar Überraschungen ein und hoffen, dass Minister und Abgeordnete in Kabinett und Parlament die Rechte von Nutzern verteidigen und wiederherstellen werden.

Ich danke im Namen der FSFE den zahlreichen Unterstützern der freien Endgerätewahl für die gute Zusammenarbeit.



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